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Luzern verabschiedet die NAW-Trolleybusse

18.09.2017 18:18:59 | Sandro Flückiger | 0 Kommentare
Rege Teilnahme an der Abschiedsfahrt für die NAW-Trolleybusse in Luzern

Mit Auslieferung der 3. Serie Doppelgenktrolleybusse im RBus-Design werden auch die verbleibenden 5 Anhängerzüge der Verkehrsbetriebe Luzern per Mitte September 2017 nicht mehr benötigt. Damit endet nach 29 Jahren der Einsatz von NAW-Trolleybussen Luzern, was auch den Ende des 19 Jahre dauernden Anhängerbetriebs bedeutet. Deshalb wurde von den Verkehrsbetrieben Luzern eine Abschiedsfahrt organisiert, um sich von den NAWs und ihren Anhängern zu verabschieden.

Das Interesse an der Extrafahrt war gross, insgesamt nahmen rund 70 Personen teil. Die Sonderfahrt führte zuerst in Richtung Maihof entlang der "Stammstrecke" der Anhängerzüge. Anschliessend verkehrte der Anhängerzug bestehend aus NAW Nr. 262 und Anhänger Nr. 313 auch entlang der Linie 2 nach Emmenbrücke, wo im Linienbetrieb nie Anhängerzüge zum Einsatz kamen. Im Anschluss an die Extrafahrt folgte ein Apero im Depot Weinbergli, der von Abschiedsreden umrahmt wurde.

Inzwischen sind die verbleibenden Anhängerzüge abgesehen von Ausnahmesituationen nicht mehr im Fahrgastbetrieb anzutreffen und sie werden nach der vollständigen Auslieferung der neusten RBusse definitiv ausgemustert werden.

An dieser Stelle möchten wir den vbl und besonders all jenen Mitarbeitern, die persönlich zur Organisation dieses gelungenen Anlasses beigetragen haben, erneut ein herzliches Dankeschön aussprechen.

Geschichte der Luzerner Anhängerzüge

Ein seltener Anblick: Ein Anhängerzug vor dem Tramhüsli bei der ehemaligen Wendeschleife Emmenbrücke Central

Aufgrund des überalterten Fahrzeugparkes kamen die VBL nach einer gründlichen Evaluation in den frühen 1980er-Jahren zum Schluss, dass eine gross angelegte Neubeschaffung der sinnvollste und wirtschaftlichste Weg sein würde um den Fahrgästen rasch einen zeitgemässen Komfort zu bieten und gleichzeitig Einsparungen erzielen zu können.

Nach der erfolgreichen Volksabstimmung vom 9. Juni 1985 konnten insgesamt 46 neue Trolleybusse – 16 Gelenk- und 30 Zweiachswagen – bestellt werden. Der grosse Auftrag ging an die Nutzfahrzeugwerke Arbon Wetzikon (NAW) für das Fahrgestell, die Carrosserie Hess AG in Bellach für die Aufbauten, sowie die Siemens Albis für die elektrische Ausrüstung, wobei die VBL als Generalunternehmerin amteten. Die Karosserien für 20 der 30 Zweiachser wurden seitens Hess an Ramseier & Jenzer in Biel weiter vergeben.

Die 16 Gelenkwagen Nr. 181-196 gingen zwischen Dezember 1987 und Herbst 1988 in Betrieb und die 30 Zweiachser Nr. 251-280 folgten anschliessend, worauf am 23. Juli 1989 der Abschluss des Generationenwechsels gefeiert werden konnte. Im Hinblick auf die Linienverlängerungen ins Obernau und zur Sprengi wurden die vier Gelenkwagen Nr. 197-200 nachbestellt, welche 1991 grösstenteils baugleich in Betrieb gingen. Ab diesem Moment bestand die Flotte über 15 Jahre nur noch aus zwei Typen, nämlich den 50 neuen NAW-Trolleybussen sowie den 14 verbliebenen Volvo-Gelenkwagen aus den 1970er-Jahren. Der Einsatz erfolgte anfänglich wie gehabt – auf den Linien 1 und 2 Gelenk- und auf den übrigen Linien Zweiachstrolleybusse.

Zur Hauptverkehrszeit kamen zwischen Luzernerhof und Kriens weiterhin Zweiachser zum Zug, was zwar dichte Takte, aufgrund des Verkehrsaufkommens aber oft eine unregelmässige Wagenfolge bedeutete – und dies mit zunehmenden Kapazitätsproblemen. Eine zukunftsträchtigere und wirtschaftlichere Lösung musste her.

Bei der Prüfung möglicher Lösungsansätze galt es zu berücksichtigen, dass die NAW-Trolleybusse noch längst nicht abgeschrieben waren. Daher lag die Idee, vorhandene Zweiachstrolleybusse mit Anhängern zu bestücken, aus heutiger Sicht zwar nahe, allerdings gilt es zu bedenken, dass damals in der Schweiz nur noch in Zug und in Lausanne Anhänger auf den Strassen anzutreffen waren: Dieses Konzept wieder neu einführen zu wollen, mutete somit einigermassen exotisch an. Nichtsdestotrotz wurde 1996 NAW-Trolleybus 270 umgerüstet um mit einem Zuger Anhänger Testfahrten zu unternehmen. Diese befriedigten vollauf, sodass die Beschaffung von sieben Anhängern (Nr. 301-307) erfolgte, welche nach Umrüstung der Trolleybusse 271-278 im Spätsommer 1998 in Betrieb gingen. Mit den neuen Anhängern verfügte der VBL-Trolleybusbetrieb erstmals über Niederflurfahrzeuge.

Kamen die Anhängerzüge zu Beginn ausschliesslich zu den Hauptverkehrszeiten auf der Linie 1 anstelle der alleinfahrenden Zweiachstrolleybusse in den Einsatz, so wurde ihr Aufgabenbereich mit der Zeit auf den ganzen Tag und später auch auf die Linien 6 und 8 ausgeweitet. Das neue Konzept bewährte sich, sodass bis 2005 insgesamt neun weitere Anhänger (Nr. 308-316) angeschafft wurden um die Kapazität weiter auszubauen und teilweise die Gelenktrolleybusse von 1975 zu ersetzen. Als Zugfahrzeuge wurden gleichzeitig die Wagen 279 und 260-268 mit Anhängerkupplungen ausgerüstet, womit schlussendlich 19 Zugfahrzeuge für die 16 Anhänger zur Verfügung standen. Nach Anschaffung weiterer Neufahrzeuge – darunter die ersten drei Doppelgelenktrolleybusse – erfolgte ab 2006 die Ausrangierung einzelner NAW-Zweiachser ohne Anhängerkupplung.

Während alle NAW-Gelenktrolleybusse bis 2012 ausrangiert wurden, durchliefen insgesamt 23 Zweiachser zwischen 2008 und 2011 ein gründliches Refit, welches eine neue Innenausstattung und die Anpassung ans neue Farbkleid mit mehr Weissanteil beinhaltete. Die 16 Anhängerzüge blieben bis zur Umsetzung des RBus-Konzepts unentbehrlich. Letzteres startete im Sommer 2014 mit Ablieferung der ersten Doppelgelenktrolleybusse im tramähnlichen Design für die Linie 1. 

Verbleib der NAW-Trolleybusse und der Anhänger

Erfreulicherweise konnte für die stets gut «im Schuss» gehaltenen NAW-Zweiachstrolleybusse trotz ihres Alters eine weitere Nutzung gefunden werden, wurden sie doch praktisch allesamt an den Trolleybusbetrieb in der chilenischen Hafenstadt Valparaíso veräussert, wo inzwischen etwa zehn Wagen das Rückgrat des lokalen Trolleybusbetriebs bilden. Vier weitere Wagen sind vor wenigen Tagen in Südamerika eingetroffen, so dass 28-jährige Luzerner Trolleybusse weiterhin Passagiere im Linienverkehr befördern – wenngleich fernab ihrer Heimat. Am 28. August sind bereits vier der 2017 ausgemusterten NAW-Trolleybusse in Valparaíso eingetroffen, wo sie in den nächsten Wochen für den Einsatz bereitgemacht werden.

Auch für einen Teil der Anhänger konnte eine neue Verwendung gefunden werden. Die ehemaligen Nr. 308 und 310 aus der 2. Serie von 2002 sind heute für Postauto im Lauterbrunnental im Einsatz. Die Stadt Siegen in Deutschland setzt insgesamt sieben ehemalige Luzerner Anhänger ein, darunter die ehmaligen Anhänger Nr. 302-307 aus der ersten Serie von 1998 sowie ex-Nr. 309 von 2002.

Weiter werden diverse Luzerner NAW-Trolleybusse inklusive einem Anhänger museal erhalten: In Luzern wird der allerletzte Zweiachstrolleybus der Deutschschweiz, Nr. 280 im alten Farbschema und mit der originalen Innenausstattung, in den Bestand von vbl-historic aufgenommen, womit er als weiterer einsatzfähiger vbl-Oldtimer langfristig zur Verfügung stehen soll. Des Weiteren besitzt der Verein RétroBus Léman von allen Vertretern dieser bedeutenden Epoche ein Exemplar: den einzigen erhaltenen Luzerner Gelenktrolleybus Nr. 184, den Zweiachstrolleybus 257, sowie den 2014 ausrangierten Anhängerzug 271+301, der über 16 Jahre in dieser Formation im Einsatz gestanden hat.

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